Die Welt braucht mehr Schreinerinnen
Ein kleiner Exkurs in die Statistik: In den vergangenen 18 Jahren ist der Frauenanteil Schreiner EFZ von 6% auf 13% gestiegen. Das ist immerhin eine Verdoppelung, aber auch nicht sehr viel, wenn man es mit dem Malerberuf vergleicht. Dort ist mittlerweile beinahe jeder zweite Lernende weiblich. Doch was sind die Gründe für diesen grossen Unterschied?
Auf die Person kommt es an
Für Markus Walser, Unternehmensführer von Schreiner48, zählen bei der Jobvergabe die Fachkompetenz der Person und deren Wille, einen Beitrag zur Entwicklung des Unternehmens zu leisten. Unabhängig davon, ob die Person eine Frau oder ein Mann ist. Dasselbe gälte für das Gehalt: «Wie es zu der Geschlechter-Lohn-Differenz gekommen ist, war mir schon immer schleierhaft und wird es wohl auch immer bleiben.»
Werkstatt, Montage oder Avor?
Wo es allerdings einen Unterschied gibt, ist der Einsatzort und die Aufgabe. Im Schreinerberuf gibt es die verschiedensten Ausprägungen und gerade auf der Baustelle und Montage spielt Kraft die grösste Rolle. Und dabei sind Frauen aufgrund ihres Körperbaus und ihrer Physiologie objektiv im Nachteil und deswegen nicht allzu häufig anzutreffen. In der Werkstatt, der Arbeitsvorbereitung, der Kalkulation sowie im Verkauf und der Kundenberatung gäbe es jedoch, laut Markus Walser nichts, was ein Mann besser könne.
Junge Frauen wählen eine Schreinerlehre sehr bewusst
Als einen weiteren Grund für den eher kleinen Frauenanteil nennt Markus Walser, dass bei aller Liberalität unserer Gesellschaft «der Schreiner» unbewusst halt immer noch ein Mann sei. Weswegen sich eine junge Frau ganz bewusst für diesen Beruf entscheidet und sich mit diesem Berufswunsch gegenüber der Schule, den Eltern oder anderen Verwandten stärker durchsetzen muss. Erst recht, wenn die schulischen Leistungen überzeugen – was nicht selten vorkommt, da junge Frauen im Alter der Berufslehre oft reifer und dadurch fokussierter arbeiten.
Die gute Nachricht: 80-Prozent-Pensum problemlos möglich
Auch, die von Frauen oft gewünschte Teilzeitarbeit war in einem Handwerksberuf bis vor wenigen Jahren undenkbar. Mittlerweile wird ein 80-Prozent-Teilzeitpensum immer mehr zur Selbstverständlichkeit und das spannenderweise sowohl von jungen Frauen, als auch von jungen Männern/Vätern. Sobald die Person ihr Pensum noch weiter senken möchte, könnte es allerdings schwierig werden – zumindest in der Produktion und Montage, da eine zu lange Wartezeit für die Kundschaft entstehe. Bei Planungs- und administrativen Aufgaben ist das allerdings kein Problem, diese können auch – was zurzeit wegen Covid-19 wunderbar zu beobachten ist – im Home Office erledigt werden.
Schreiner48 fördert junge Frauen
Jedes Jahr vergibt Schreiner48 drei Lehrstellen – idealerweise geht mindestens eine davon an eine Bewerberin. Evelin, Michelle und Andreina ist es bereits gelungen, einen dieser Plätze zu schnappen. Sie stehen heute erfolgreiche «ihre Frau» in einem noch immer sehr männerlastigen Beruf. Michelle sieht aber genau das sehr positiv: «Ehrlich gesagt, war das mit ein Grund, warum ich mich für die Schreinerlehre entschieden habe. Ich wollte nicht mit vielen anderen Mädels die Lehre machen.» Zu den Voraussetzungen für die Schreinerlehre meint Andreina: «Man muss schon eine Person sein, die gerne anpackt. Auch Kritik wird oft sehr direkt ausgesprochen, was für eine schüchterne Person vielleicht etwas viel ist.» Aber all diese Anforderungen können ohne Probleme von jungen Frauen erfüllt werden. David Hauser, Teamleiter der Schreiner48 Academy, schätzt die Frauenpower in seiner Lehrwerkstatt: «Mädchen sind in diesem Alter viel konzentrierter und arbeiten genauer. Sie sind in der Entwicklung oft schon einen Schritt voraus und überzeugen mit einer Eigeninitiative, die wir von ihren männlichen Kollegen weniger kennen.»
Eigenschaften, die man mitbringen sollte
Für Evelin, Andreina und Michelle ist klar, dass sie sich jederzeit wieder für eine Schreinerlehre entscheiden würden. Und je mehr junge Frauen das tun, desto alltäglicher werden Frauen im Schreinerberuf sein. Denn ob man aus dem richtigen Holz geschnitzt ist, ist geschlechtsunabhängig. Wer clever und zuverlässig ist, sich neugierig und geschickt anstellt, grosse Einsatzbereitschaft zeigt und gerne mit Holz arbeitet, eignet sich für den Schreinerberuf – egal, ob Frau oder Mann.
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