Raphael (unten rechts im Bild) hat bereits über 250 Sprünge aus dem Flugzeug gewagt.
Die Aussicht auf den Lago Maggiore geniesst Raphael bald im freien Fall.
First-Class-Sitze und Getränkeservice an Bord ? Nicht ganz: Hier drin wird es richtig eng.
Was hier aussieht wie ein fliegender Frosch ist in Wahrheit unser Raphael Gadient.
Der Fallschirm wird erst 1000 Meter über dem Boden gezogen.
Raphael Gadient: 48er und Fallschirmspringer
Fallschirmspringen: definitiv kein 0815-Hobby. Wie muss man sich das genau vorstellen?
Nein schon eher nicht (lacht). Etwa einmal im Monat fahre ich fürs Wochenende ins Para Centro nach Locarno. Man trifft sich so gegen 8.30 Uhr und kontrolliert zum ersten Mal die Ausrüstung. Dann kommt der organisatorische Teil, wo festgelegt wird, zu welchen Zeiten und in welcher Reihenfolge gesprungen wird. Danach der nächste Kontrollcheck, bevor es ins Flugzeug geht. Eng wie in einer Sardinenbüchse ist’s dort.
Für den Aufstieg auf 4000m über Grund, brauchen wir dann etwa eine halbe Stunde und dabei kontrollieren wir zum letzten Mal, ob alles in Ordnung ist. Um die richtige Höhe zu erreichen, machen wir jedes Mal einen ziemlich schönen Rundflug: man sieht die Berge, den Lago Maggiore – aber beim x-ten Mal ist das nicht mehr so speziell. Eine Minute vor Türöffnung machen wir uns alle parat, wünschen einander einen guten Sprung und schon geht’s los. Im 5 Sekundentakt springt einer nach dem anderen hinaus.
Draussen “fliegt” man etwa eine Minute lang mit einer Geschwindigkeit von fast 200 km/h, dann bei etwa 1000m über Grund zieht man den Fallschirm. Der Landeanflug geht etwa fünf Minuten. Wenn man sicher gelandet ist, packt man den Fallschirm zusammen und es geht wieder von vorne los. An einem Tag, bei guten Verhältnissen, springe ich etwa 5-6 Mal.
Wie bist zu einem solchen Hobby gekommen?
Das war purer Zufall! Damals im Herbst 2013 erzählte mir ein Freund, dass er den Fallschirmspringergrundkurs im Para Centro machen will und da habe ich spontan einfach mitgemacht. Ich kriegte kurzfristig eine Woche Ferien. Es war wirklich gutes Timing: ich hatte gerade genügend Zeit und Geld zur Verfügung.
Und dann hat es mich einfach gepackt und ich habe seither nicht mehr aufgehört. Man investiert ja auch einiges in dieses zeitaufwendige Hobby – das will man dann auch ausnutzen. Und die kameradschaftliche Atmosphäre, die jedes Mal zu spüren ist, ist natürlich ein grosser Pluspunkt.
Hast du keine Angst, dass einmal etwas schief läuft?
Angst nicht. Respekt schon. Den muss man auch haben. Aber wenn du seriös alles sorgfältig kontrollierst, durchführst, auch mal eine Sprung vielleicht nicht wagst und deinem Material vertraust, dann sollte eigentlich nichts schief gehen. Man gewinnt auch mit jedem Sprung an Routine dazu. Ich hab schon etwa 250 Sprünge hinter mir. Heute springt man übrigens immer mit einem zweiten “Notfallschirm”. Der muss vorschriftsmässig einmal im Jahr von einem Profi komplett zerlegt, kontrolliert und wieder gepackt werden. Man braucht diesen rein statistisch nur alle 1000 Sprünge.
Nebenbei bemerkt, ist es laut Statistik gefährlicher, sich einfach nur auf der Strasse zu bewegen, als wie ich; aus einem Flugzeug zu springen.
Gibt es Parallelen zu deiner Arbeit bei Schreiner48?
Ich würde sagen, im Alltag ist die Konzentration wohl ähnlich hoch: Man arbeitet sehr sorgfältig, damit keine Fehler passieren. Und ich muss in beiden Situationen vernetzt denken können.
Zusammenhänge sehen, die schnellste, einfachste und sicherste Lösung finden, ist sowohl im Schreiner-Alltag, als auch hoch in der Luft eine sehr nützliche Fähigkeit. Ausserdem kann ich mir weder ein besseres Hobby noch einen besseren Job vorstellen.
Was denken deine Schreiner-Kollegen über dein Hobby?
Ron hier findet’s geil. (lacht) Nein, es gibt natürlich auch diejenigen, die so etwas nie machen würden und finden: es entspricht doch vollkommen gegen das logische Denken, aus einem voll funktionstüchtigen Flugzeug zu springen.
Aber jeder braucht seinen Ausgleich zur Arbeit.
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